Meine Stadtwerke – traditionell gut aufgestellt

Ein kurzer Blick in die Historie

Die Versorgung mit Strom, Gas, Wasser und Wärme ist in Deutschland seit vielen Jahrzehnten eine Selbstverständlichkeit. Computer, Fernseher, Kühlschrank oder Waschmaschine gehören ebenso zum täglichen Leben wie das Wasser, das zu jeder Tageszeit in der gewünschten Temperatur aus dem Hahn sprudelt. Unvorstellbar, dass uns die zahlreichen elektrischen Geräte, das fließende Wasser oder das Gas, mit dem wir unsere Heizung betreiben, nicht nach Belieben zur Verfügung stehen könnten.

Die Wurzeln der kommunalen Energieversorgung reichen zurück bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Am 2. März 1810 entstand in London das erste Gaswerk, das Gas durch Kohlevergasung in einer Kokerei erzeugte. Bereits zwei Jahre zuvor hatte ein Londoner Straßenzug mit Gas beleuchtet werden können. Die weitere Entwicklung der Gaswerke geht auf Johann Joseph von Prechtl, den ersten Rektor der Wiener Polytechnischen Schule zurück, dem es im Oktober 1816 in Wien gelang, in einem für die Großtechnik geeigneten Prozess Leuchtgas aus Steinkohle herzustellen. Auch in Deutschland ließ der Siegeszug der Gasbeleuchtung nicht lange auf sich warten: In Hannover und Berlin entstanden 1825/26 die ersten Gaswerke in privater Regie. In den folgenden Jahrzehnten setzte sich die Gasbeleuchtung in den meisten deutschen Städten schnell durch. Wie auch in Hannover und Berlin wurden die Gaswerke allerdings zunächst häufig privat betrieben, da besonders in kleinen Städten die nötigen Investitionen das bescheidene Budget zu übersteigen schienen. Die Zweifel der Stadtväter zerstreuten sich jedoch im Laufe der Jahre, so dass ab den 1870er Jahren vermehrt städtische Gaswerke gegründet oder bestehende Gaswerke von privaten Anbietern in kommunale Regie übernommen wurden. Dies war die Geburtsstunde vieler Stadtwerke.
Auch die Nutzung des Gases wandelte sich mit der Zeit: Nachdem das Gas anfangs meist nur zur Straßenbeleuchtung verwendet wurde, hielt es später auch in die privaten Haushalte Einzug, wo es zum Kochen und Heizen verwendet wurde, und war dort schon bald nicht mehr wegzudenken.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts beschleunigte sich die Entwicklung der kommunalen Energieversorgung. Im Zuge der Industrialisierung wurden damals aus kleinen Gemeinden innerhalb weniger Jahrzehnte mittelgroße Städte. Für die Stadtverwaltung brachte das etliche Probleme mit sich:

  • Wie versorgte man die Zugezogenen möglichst schnell mit Gas?
  • Wo konnte neuer, günstiger Wohnraum geschaffen werden?
  • Und nicht zuletzt: Wie versorgte man die neuen Bürger mit frischem Wasser?

Besonders die Wasserversorgung stellte sich als dringliche Aufgabe heraus. Noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Deutschland vereinzelt Choleraepidemien, weil die hygienischen Verhältnisse in den Städten völlig unzureichend waren. Die Notwendigkeit einer zentralen Wasserversorgung wurde denn auch von vielen Stadträten und Bürgermeistern erkannt. Von den 1870er Jahren an wurden bis zur Jahrhundertwende zahlreiche Wasserwerke gegründet, um die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen.

Etwa zur gleichen Zeit sorgten entscheidende Fortschritte in der Forschung dafür, dass auch die Elektrizität für das tägliche Leben nutzbar gemacht werden konnte. Bereits 1882 wurde die erste deutsche Blockstation von Paul Reisser in Stuttgart mit Strom für 30 Glühlampen in Betrieb gesetzt. In Berlin erleuchteten noch im selben Jahr Straßenlampen die Leipziger Strasse, den Potsdamer Platz und die Kochstrasse. Zwei Jahre später wurde mit der Städtischen Electrizitätswerke-AG in Berlin - der späteren BEWAG - das erste kommunale Elektrizitätsunternehmen in Deutschland gegründet. Der Siegeszug der Elektrizität war von nun an nicht mehr zu stoppen. Bis 1911 entstanden über 2000 Elektrizitätswerke, die die Menschen in Deutschland kontinuierlich mit Strom versorgten. Genutzt wurde der Strom vor allem zur Beleuchtung, aber auch zum Betrieb der Straßenbahnen und Omnibusse, die bislang von Pferden durch die überfüllten Straßen der Großstädte gezogen worden waren.

Apropos Nahverkehr: Als aufgrund der industriellen Revolution die Bevölkerungsdichte zunahm und sich die Städte und Industriegebiete räumlich immer weiter ausdehnten, nahm der ÖPNV in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen gewaltigen Aufschwung. Die Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsplatz war für viele Arbeiter nur noch durch stundenlange Fußwege oder mit dem Fahrrad zu überbrücken. Die Stadtverwaltungen reagierten darauf zunächst mit dem Ausbau der Pferdebahnen, ab 1890 begann der Siegeszug der elektrischen Straßenbahnen. Auch hier wurden anfangs aus Angst vor dem finanziellen Risiko häufig Aufträge an private Unternehmen vergeben, ehe die Städte den Betrieb des Nahverkehrs später in die eigenen Hände nahmen. Die erste deutsche Pferdebuslinie verband bereits ab dem 31. Oktober 1839 die benachbarten Städte Hamburg und Altona von der Steinstraße durchs Millern- und Nobistor bis zum Altonaer Rathausmarkt. In Berlin wurde ab dem 1. Januar 1847 ein Netz aus fünf Pferdebuslinien eingerichtet, dessen erste Strecke den Alexanderplatz mit der Tiergartenstraße verband. Mangels Alternativen blieb der Betrieb der Busse und Bahnen mit Pferdekraft noch einige Jahrzehnte konkurrenzlos. Das änderte sich erst mit der Motorisierung und Elektrifizierung der Fortbewegung: So wurde der erste Linienbetrieb mit motorisierten Omnibussen in Deutschland von der Netphener Omnibusgesellschaft im Jahre 1895 eingeführt. Die erste elektrische Straßenbahn der Welt nahm am 16. Mai 1881 in Lichterfelde bei Berlin den Probebetrieb auf. Ab 1883 verkehrte sie im regulären Betrieb zwischen der Preußischen Hauptkadettenanstalt in Lichterfelde-West und dem Bahnhof Lichterfelde, heute Berlin-Lichterfelde Ost.

Was diese historischen Entwicklungen mit den Stadtwerken zu tun haben? Ganz einfach: Bei den Stadtwerken laufen alle Fäden zusammen. Seit teilweise mehr als hundert Jahren versorgen sie die Menschen in ihrer Stadt mit all den „Rohstoffen" und Dienstleistungen, die uns mittlerweile so unverzichtbar geworden sind. Strom für die Kaffeemaschine, Wasser zum Duschen, Gas zum Heizen. Seit mehr als hundert Jahren investieren die Stadtwerke in die lokale Infrastruktur, in Netze und Leitungen, in neue Kraftwerke oder einen besseren Service. Als kommunale Unternehmen sind sie dabei nicht in erster Linie dem Profit verpflichtet, sondern den Bürgerinnen und Bürgern. Gewinne, die von den Stadtwerken erwirtschaftet werden, kommen dem städtischen Haushalt zugute oder werden zur Finanzierung oft defizitärer, aber nichtsdestoweniger wichtiger Unternehmensbereiche verwendet. Auf diese Weise kann überhaupt nur der Betrieb der städtischen Bäder oder des öffentlichen Nahverkehrs aufrechterhalten werden. Ohne die Möglichkeit, Gewinne zugunsten schwächerer Geschäftsfelder zu verwenden, müssten die Preise in diesen Bereichen deutlich angehoben werden.

Auch heute sind die Stadtwerke selbstverständlich an den neusten Entwicklungen im Energie- und Wassersektor beteiligt. Viele Stadtwerke fördern in ihren Versorgungsgebieten die Installation von Photovoltaik-Anlagen oder den Betrieb von Erdgasfahrzeugen. Dabei gehen die kommunalen Unternehmen mit gutem Beispiel voran, indem sie ihre Fahrzeugflotten auf Erdgas oder Elektroantrieb umrüsten, Erdgastankstellen betreiben oder selbst Photovoltaik-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden einrichten. In umweltschonenden Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen produzieren viele Stadtwerke eigene Energie und tragen somit zur Belebung des Wettbewerbs auf dem Energiemarkt bei.

Die Stadtwerke sind mehr als bloße Versorgungsunternehmen - sie sind ein Teil der Stadtgeschichte. Aus dieser Geschichte erwächst eine tiefe Verbundenheit und Bürgernähe, die die Stadtwerke durch ihr Engagement für lokale Vereine, kulturelle Einrichtungen und gesellschaftliche Initiativen erhalten und fördern. Das macht sie unverzichtbar.